"Es treibt mich um und ich will fort."

(Fritz Steisslinger)


1948-1951: Brasilien

1948 erwirbt Fritz Steisslinger im Gebirge von Teresopolis ein kleines Haus mit Garten und lässt sich von den fremdartigen Eindrücken vor seiner Haustür mitreißen. Das Atelier hat ausgedient, Steisslinger malt – auch seine Portraits der Eingeborenen - draußen in der Natur, im Freilicht. Die Begegnung mit dem Exotischen hatte für Maler seiner Generation einen ganz anderen Stellenwert als für die voraus gegangenen Expressionisten. Bewegten sich Emil Nolde und Max Pechstein noch auf den Spuren Gauguins, auf der Suche nach einer verlorenen Primitivität, so sieht sich Steisslinger herausgefordert durch die Maßlosigkeit und das zunächst Chaotische der tropischen Farb- und Formenwelt. Vor allem ist es die ungewohnte intensive Licht- und Farbfülle, die üppige Vegetation, die exotischen Menschen, die für seine europäischen Augen als Herausforderung wirken.

 

Steisslinger steigert malerische Skizzenhaftigkeit zu einem stilistischen Prinzip. Die auf diese Weise erreichte Expressivität hat nur noch wenig zu tun mit der grafischen Manier des "Brücke"-Expressionismus’ und kommt vielmehr jenem malerischen Expressionismus nahe, der in Corinths Spätwerk als ein unerfülltes Versprechen seiner Epoche sichtbar geworden war. Steisslinger erweitert zwischen 1950 und 1955 die Gouache zu großen, sonst meist nur der Ölmalerei vorbehaltenen Formaten, überträgt die malerischen Freiheiten des Aquarells und der Deckfarben-Blätter auch auf die Ölfarbe und importiert die in der tropischen Landschaft erfahrene Farbigkeit auf die Darstellungen seines Böblinger Gartens. So entstehen die reifen Leistungen eines Spätwerkes, das ein hohes Maß an Abstraktion erreicht.